05 Elemente und Mengen
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Für eine Menge definiert man die Menge
all ihrer Teilmengen als ihre Potenzmenge Im Falle einer endlichen Menge gibt es dabei eine schöne Formel für die Anzahl der Elemente
in , also die
Anzahl der Teilmengen von .
Experimentieren Sie zunächst mit ein paar kleinen Mengen und
versuchen Sie, die Formel zu erkennen.
Falls zum Beipiel ist, dann hat die Potenzmenge offenbar die Form bei ist und bei gilt Bei einem Element ergeben sich zwei Teilmengen, bei zwei Elementen vier und bei drei Elementen acht. Welche Formel vermuten Sie?
Offenbar scheint die Anzahl der Teilmengen einer - elementigen Menge genau gleich zu sein. Das stimmt sogar für den Fall , also die leere Menge . In diesem Fall hat die Potenzmenge genau ein Element . Versuchen Sie, diese Aussage nun allgemein für jedes zu beweisen.
Die Potenzmenge einer - elementigen Menge hat Elemente. Der Beweis geht mit vollständiger Induktion nach .
Den Induktionsanfang haben wir schon mit den Beispielen erledigt.
Induktionsschritt Im Falle ist Die Teilmengen von sind dann zunächst
alle Tellmengen von , nach Induktionsvoraussetzung sind das Stück. Nun ist klar, dass wir die restlichen Teilmengen
erhalten, wenn wir zu jeder dieser Teilmengen das Element hinzufügen. Das ergibt nochmals Teilmengen, insgesamt also .
Teilmengen. Das war zu zeigen.
Im Falle von Mengen heißt die Konstruktion nicht aus Zufall das Produkt von Mengen. Denken Sie ein wenig nach über den Ursprung dieser Bezeichnung. Machen Sie dazu ein paar kleine Experimente mir zwei oder drei kleinen Mengen.
Probieren wir es mit den Mengen und hat
ein Element, zwei Elemente und hat drei. Das Produkt hat die Gestalt und damit 6 Elemente.
Wir erkennen, dass ist und vermuten jetzt ganz allgemein, dass im Falle endlicher
Mengen die Anzahl der Elemente des Produktes gleich dem Produkt
der Elementzahlen der einzelnen "Faktoren" ist. Bezeichnet man
die Anzahl der Elemente einer endlichen Menge mit , so kann man diesen
komplizierten deutschen Satz kurz schreiben als Versuchen Sie, diese Vermutung zu beweisen.
Hinweis: Durch die Beispiele erscheint die Aussage ziemlich selbstverständlich. Damit wollen wir uns aber nicht begnügen. Versuchen Sie in Ihrer Argumentation so exakt wie möglich zu sein.
Ich gebe hier als Beispiel einen sehr formalen Beweis, wie
er in der Mathematik an der Hochschule manchmal vorkommt.
Bestimmt haben Sie ihn nicht wörtlich genauso konstruiert.
Aber prüfen Sie einmal, ob Ihr Gedankengang sich darin
wiederfinden lässt und versuchen Sie, sich an die manchmal
etwas abstrakt anmu- tenden Formeln zu gewöhnen. Die Aussage wird formal am besten mit vollständiger
Induktion nach der Anzahl der Mengen bewiesen.
Induktionsanfang: Die Aussage stimmt klarerweise für . In diesem Fall ist es aber auch sinnvoll, sie für zu prüfen. Da ist klar, dass wir jedes Element des Produkts , "erwischen",
wenn wir zu jedem Element in ein Paar mit jedem Element von bilden. Das ergibt dann natürlich Paare - für
den Induktionsanfang reicht das.
Induktionsschritt Ganz offenbar haben die Mengen und die gleiche Anzahl von Elementen. Es gibt nämlich eine natürliche
Abbildung zwischen diesen beiden Mengen: Da es offenbar egal ist, ob wir in einem -Tupel die ersten Komponenten durch
Klammern zusammenfassen oder nicht, erkennen wir diese Abbildung
sofort als bijektiv. Die Mengen haben also tatsächlich die
gleiche Elementzahl.
Beachten Sie, dass das Ziel der Abbildung ein Produkt aus nur zwei
Mengen ist. Wegen des Induktionsanfangs können wir daher festhalten, dass ist. Wegen der Induktionsvoraussetzung ist schließlich Das war zu zeigen.
Zugegeben: Ein etwas technischer Beweis, sieht aber viel komplizierter
aus, als er eigentlich ist. Wir haben bei dieser Gelegenheit
gleich ein spezielles Abzählprinzip gezeigt, das auch in der
Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Statistik eine wichtige
Rolle spielt.
Betrachten Sie die Menge Bestimmen Sie die kleinste Äquivalenzrelation auf , welche die Elemente und enthält.
Nun ja, die Äquivalenzrelation muss wegen der Reflexivität zunächst alle Elemente der Form enthalten. Wegen der Symmetrie müssen dann auch die "Spiegelbilder" und der beiden vorgegebenen Elemente enthalten sein. Die Transitivität verlangt dann abschließend noch (wegen und ), dass auch enthalten ist - klarerweise dann auch . Nun sind wir fertig Offenbar sind in dieser Menge alle Elemente äquivalent zueinander, nur die steht isoliert da. In den folgenden Kapiteln werden wir sehen, welch wundersame Dinge man mit Äquivalenzrelationen konstruieren kann.
Im vorigen Kapitel haben wir die Ordnung auf der Menge definiert. Eine solche Ordnung
ergibt auch eine Relation auf : Man kann nun ganz allgemein Ordnungsrelationen (auf
beliebigen Mengen) defnieren. Das geht ganz ähnlich wie bei
den Äquivalenzrelationen. Eine Ordnungsrelation ist auch
reflexiv und transitiv: Es gilt stets und aus und folgt .
Erinnern Sie sich noch an eine weitere Bedingung, sie steht im
Zusammenhang mit der Symmetrie einer Relation? Versuchen Sie,
hier für Ordnungsrelationen auch eine präzise logische Regel
zu finden.
In der Frage der Symmetrie sind Ordnungsrelationen das genaue
Gegenteil von Aquivalenzrelationen: Falls und gilt, dann muss zwangsläufig gelten. Man nennt, diese Bedingung auch Antisymmetrie: Es ist bemerkenswert, dass sich die zwei wichtigsten
Relationen in der Mathematik nur in diesem einen Punkt
unterscheiden, wenn auch gewaltig. Dazu gleich eine
interessante Frage: Wieviele Relationen auf einer Menge gibt es, welche sowohl Äquivalenz- als auch Ordnungsrelation
sind? Jonglieren Sie ein wenig mit den Begriffen und Regeln.
Es gibt genau eine solche Relation, nämlich die Identität: Klarerweise sind die Bedingungen sowohl von Äquivalenz- als auch Ordnungsrelationen erfüllt. Es kann aber keine weiteren Relationen dieser Art geben, da sich Symmetrie und Antisymmetrie gegenseitig ausschließen, falls irgendein mit in liegen sollte.
Bleiben wir zum Abschluss bet den natürlichen Zahlen. Die
Addition und die Multiplikation können auch als Abbildungen
zwischen zwei Mengen aufgefasst werden, so wie es zum
Beispiel in der Informatik bei Datentypen oder der
funktionalen Programmierung verwendet wird. Überlegen Sie
sich, wie das gehen kann.
Beide Operationen sind Abbildungen von in die Menge : und Bestimmen Sie das Urbild der Menge bei den beiden Abbildungen. Finden Sie mittels der Abbildung mult eine Bedingung für eine
Zahl , welche
äquivalent dazu ist, dass eine Primzahl ist.
Die Eigenschaft einer natürlichen Zahl , nur durch und sich selbst tellbar
zu sein, ist äquivalent dazu, dass ist, das Urbild bei der Multiplikation also aus genau zwei
Elementen besteht, nämlich und .
Gratuliere, Sie sind durch! Viel Vergnügen beim nächsten Kapitel.