12 Die Konstruktion der reellen Zahlen


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Warum ist die Menge 𝒩 der Nullfolgen ein Ideal im Ring 𝒞 der CAUCHY-Folgen?

Klarerweise ist nach den Grenzwertsätzen sowohl die Summe als auch das Produkt zweier Nullfolgen wieder eine Nullfolge. Das Produkt einer beliebigen CAUCHY-Folge mit einer Nullfolge ist aber auch eine Nullfolge, da CAUCHY-Folgen nach Definition ja immer beschränkt sind.

Es sei also (an)ninN eine Nullfolge und (cn)n n in N eine CAUCHY-Folge. Dann gibt es ein M>0 mit |cn|M für alle n Dann ist |ancn|M|an| und damit haben wir limn(ancn)=0 wegen limnan=0 Das Produkt (an)n(cn)n ist also ebenfalls eine Nullfolge.

Es sei (an)n eine Zahlenfolge mit den folgenden drei Eigenschaften:

1. Die Folge ist alternierend. Das bedeutet, die Folgenelemente sind abwechselnd größer gleich und kleiner gleich ihren direkten Nachfolgern: anan+1,an+1an+2,an+2an+3,an+3an+4,... Die Folge tut also anschaulich gesprochen - abwechselnd einen Schritt nach oben und einen nach unten.
2. Die Unterschiede benachbarter Folgenelemente werden monoton kleiner: kleiner: |anan1||an+1an|.
3. Es gilt limn(anan1)=0 .

Machen Sie sich anschaulich plausibel, dass (an)n eine CAUCHY-Folge ist.

Die Folge könnte sich beispielhaft so verhalten:
M12A2_Lsg.JPG
Wegen Bedingung 1. besteht Sie aus lauter "Zacken".

Bedingung 2. besagt: Wenn immer Sie von einer "oberen Zacke" an nach unten zu an+1 gehen und anschließend wieder nach oben zu an+2, so erreichen Sie höchstens wieder Gleichstand mit an: an+2an Die oberen "Zacken" bilden - für sich allein betrachtet - also eine monoton fallende Folge. Sinngemäß verhält es sich mit den "unteren Zacken": Sie bilden eine monoton wachsende Folge. Was bedeutet das?

Ganz einfach: Falls zum Beispiel an eine "obere Zacke" ist (bei "unteren Zacken" geht es genauso), dann müssen alle nachfolgenden Elemente ak (also solche mit kn ) im Intervall [an1,an] liegen.

Nun tritt Bedingung 3. auf den Plan. Da der Abstand zweier benachbarter Folgenelemente gegen Null strebt, können jeweils alle nachfolgenden Elemente in immer engere Intervalle "eingeklemmt" werden, bilden also eine CAUCHY-Folge.

Bemerkung: Natürlich könnte man hier auch einen ganz formalen Beweis mit Epsilontik und Grenzindizes machen. Eine sauber geführte anschauliche Argu-mentation ist hier aber durchaus legitim und vielleicht sogar einprägsamer.

Warum ist die seltsame Folge (dn)n=(32,75,1712,4129,9970,239169,) aus dem Kapitel über die rationalen Zahlen eine CAUCHY-Folge?

Wir können versuchen, auf die Folge (dn)=(32,75,1712,4129,9970,239169,) die vorige Aufgabe anzuwenden. In der Tat, schon die ersten Experimente 3275=110 751712=160 17124129=1348 legen die Vermutung nahe, welche die Lösung bringt: anbnan+1bn+1=(1)nbnbn+1 Dies geht ganz einfach mit vollständiger Induktion nach n, ähnlich der Untersuchung dieser Folge bei den rationalen Zahlen.

Den Induktionsanfang haben wir mit den obigen Beispielen schon erledigt.

Induktionsschritt nn+1: Nach den Regeln des Bruchrechnens gilt stets anbnan+1bn+1=anbn+1an+1bnbnbn+1. Die Induktionsvoraussetzung lautet nun, dass dieser Ausdruck für alle natürlichen Zahlen bis zur Grenze n gleich der Zahl (1)nbn·bn+1 ist. Oder gleichbedeutend, dass für den Zähler anbn+1an+1bn=(1)n gilt.

Wir müssen zeigen, dass diese Formel auch für n+1 bestehen bleibt. Dazu rechnen wir an+1bn+1an+2bn+2=an+2bnan+bnan+1+2bn+1an+1+bn+1 =(an+2bn)(an+1+bn+1)(an+1+2bn+1)(an+bn)(an+bn)(an+1+bn+1) (1)(anbn+1an+1bn)bn+1bn+2. Nach Induktionsvoraussetzung ist aber anbn+1an+1bn=(1)n , und Einsetzen dieser Beziehung in das Ergebnis liefert schließlich die Behauptung: an+1bn+1an+2bn+2=(1)nbn+1bn+1. Da die bn monoton gegen unendlich streben, sieht man sofort, dass diese Folge alle Bedingungen der vorigen Aufgabe erfüllt und daher eine CAUCHY-Folge ist.

Und weil vollständig ist, hat diese Folge tatsächlich einen Grenzwert in , nämlich die allseits bekannte Wurzel aus 2.